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Berufsethischer Rahmen für föderale Bedienstete 2022

Publication date

Der berufsethische Rahmen beinhaltet Verhaltensregeln, nach denen Sie als föderaler Bediensteter handeln müssen. Alle Regeln sind an einen oder mehrere der fünf Werte gebunden, die eine zentrale Stellung in der Föderalverwaltung einnehmen: Respekt, Vertrauen, Professionalität, Gemeinwohl und gesellschaftliche Verantwortung.

  • Der vorliegende berufsethische Rahmen soll allen föderalen Bediensteten – statutarisch, mit Arbeitsvertrag oder in Probezeit, mit oder ohne Führungsverantwortung – als Orientierung dienen. Er soll bei der Ausrichtung des Tagesgeschäfts und der damit verbundenen Verantwortlichkeiten insbesondere auf sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Ebene helfen, denn als Bediensteter nehmen Sie eine Vorbildfunktion ein. Durch die Beachtung des berufsethischen Rahmens und der darin enthaltenen Verhaltensregeln tragen Sie dazu bei, das Vertrauen der Gesellschaft in die Föderalverwaltung zu stärken.

    Der berufsethische Rahmen umfasst und erläutert die gemeinsamen Werte und Verhaltensregeln, die für die Bediensteten des föderalen administrativen öffentlichen Dienstes gelten, wobei den einschlägigen geltenden Gesetzen und Vorschriften Rechnung getragen wird. Der berufsethische Rahmen ist nicht normativ: Die in ihm enthaltenen Bestimmungen basieren auf den bestehenden Gesetzen und Vorschriften. Eine nicht erschöpfende Liste dieser Gesetze und Vorschriften ist dem berufsethischen Rahmen als Anhang beigefügt.

    Darüber hinaus leistet der berufsethische Rahmen einen Beitrag zur Erreichung einiger Unterziele von Ziel 16 der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, das die Stärkung des öffentlichen Dienstes in der ganzen Welt zum Gegenstand hat. Mithilfe einiger gezielter Verhaltensregeln möchten wir zur Entwicklung effizienter, verantwortungsbewusster und transparenter öffentlicher Einrichtungen beisteuern.

     

  • Die Verhaltensregeln in Kürze

    1. Dem Gemeinwohl Vorrang geben

    Bei der Ausübung Ihrer Tätigkeit halten Sie sich stets an die einschlägigen Vorschriften und tragen Aufgaben und Zielen Ihrer Funktion Rechnung. Sie respektieren das Staatsoberhaupt sowie die belgischen, europäischen, internationalen und weltweiten demokratischen Einrichtungen und ihre Symbole. Außerdem stellen Sie Loyalität gegenüber Ihrem Arbeitgeber und Ihrem Vorgesetzten unter Beweis und können auch von ihnen Loyalität erwarten.

     

  • Konkretes Beispiel

    „Als Bediensteter bin ich der Vision, der Mission und den Werten der öffentlichen Organisation, für die ich arbeite, treu, auch wenn ich sie persönlich nicht immer teile. Dafür kann ich von meiner Organisation erwarten, dass sie die Bedingungen schafft, die es mir ermöglichen, bestmöglich zur Umsetzung ihrer Vision und  Mission beizutragen.“

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    2. Integrität unter Beweis stellen

     2.1. Verantwortung übernehmen

    Sollte Ihnen bekannt sein, dass Kollegen oder Kunden widerrechtlich oder integritätsverletzend handeln, können Sie jederzeit mit Ihrem Vorgesetzten, Ihrem Gefahrenverhütungsberater oder Ihrer Vertrauensperson darüber reden.  Wenn Sie den Eindruck haben, dass diese nicht willens oder in der Lage sind, Abhilfe zu leisten, haben Sie außerdem die Möglichkeit, offizielle Meldekanäle in Anspruch zu nehmen, etwa die für Integritätsfragen zuständige Vertrauensperson, den Föderalen Ombudsmann oder den Föderalen Internen Audit (FAI). Haben Sie Kenntnis von einem Verbrechen oder einem Delikt erlangt, sind Sie sogar verpflichtet, den Prokurator des Königs zu informieren und ihm alle relevanten Informationen bereitzustellen. Gesetzliche Bestimmungen verhindern, dass Sie aufgrund Ihrer Meldung einer Integritätsverletzung eine Benachteiligung erfahren dürfen.

     

  • Konkrete Beispiele

    „Heute hatte ich ein Gespräch mit der für Integritätsfragen zuständigen Vertrauensperson. Dabei ging es um einen Kollegen, der bei Kontrollaufgaben von der kontrollierten Person auffallend zuvorkommend behandelt wird. Ich habe den Verdacht, dass es sich um eine Integritätsverletzung handelt, ohne jedoch handfeste Beweise zu haben. Ich werde mich informieren, an wen ich mich am besten wende: an die für Integritätsfragen zuständige Vertrauensperson, den Föderalen Ombudsmann oder den Föderalen Internen Audit.“  

    „In mehreren Akten über die Gewährung von Zuschüssen habe ich Unregelmäßigkeiten festgestellt. Ich beschließe, diese meines Erachtens integritätsverletzende Handlung im Rahmen der Regelung für Hinweisgeber beim Föderalen Ombudsmann zu melden. Mit diesem Vorgehen wahre ich das öffentliche Interesse und kann den Schutz vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen in Anspruch nehmen.“

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    2.2. Als Vorgesetzter die Initiative ergreifen

    Als Vorgesetzter dürfen Sie Ihre Mitarbeiter ausschließlich mit Aufgaben betrauen, die mit der Mission des betreffenden Dienstes und den sich daraus ergebenden Zielen, Tätigkeiten und Aufgaben zusammenhängen. Diese Aufgaben dürfen selbstverständlich nicht gegen gesetzliche oder verordnungsrechtliche Bestimmungen verstoßen. Sie ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, unter anderem im Wege  eines regelmäßigen Feedbacks und einer internen Kontrolle, um sich zu vergewissern, dass Ihre Mitarbeiter bei der Ausübung ihrer Funktion Loyalität, Gewissenhaftigkeit und Integrität walten lassen. Wenn Sie das Gegenteil feststellen, obliegt es Ihnen, einzugreifen und zu verhindern, dass sich die betreffende Verhaltensweise in Zukunft wiederholt.

     

  • Konkretes Beispiel

    „Ich bin Leiter eines Finanzdienstes. Bei den risikoreichsten Prozessen stelle ich die Trennung der Funktionen sicher, damit die mit der Ausführung betraute Person nicht gleichzeitig für die Kontrolle zuständig sein kann. Dieses Vier-Augen-Prinzip minimiert das Risiko von Unregelmäßigkeiten.“ 

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    3. Informationen vertraulich behandeln

    Als föderaler Bediensteter wird von Ihnen erwartet, dass Sie die Ihnen zur Verfügung stehenden Informationen sachgerecht nutzen. Das bedeutet, dass Sie gegebenenfalls ihre vertrauliche Behandlung sicherstellen. Des Weiteren unternehmen Sie keine Versuche, Zugang zu Informationen zu erhalten, die nicht für Sie bestimmt sind.

     

  • Konkrete Beispiele

    „In meiner Organisation nehme ich die Rolle einer Vertrauensperson ein: Ich höre zu, berate und trete als Vermittler bei Vorfällen wie Mobbing, Gewalt und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz auf. Da ich an das Berufsgeheimnis gebunden bin, gebe ich keine Informationen, die mir als Vertrauensperson vorliegen, an Dritte weiter.“  

    „Im Rahmen meiner Tätigkeit habe ich Zugriff auf das Nationalregister – zumindest auf die Daten, die ich für meine Arbeit benötige. Einige Personen, die ich kenne, wissen darüber Bescheid und haben bereits vorsichtig angefragt, ob ich ihnen nicht gewisse Informationen besorgen könne. So einer Anfrage würde ich jedoch niemals nachkommen: Recherchen im Nationalregister, die nichts mit meiner Arbeit zu tun haben, führe ich nicht durch. Aufgrund meiner konsequenten Haltung wissen alle, dass sie keine entsprechenden Gefälligkeiten von mir erwarten können.“ 

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    4. Die Grenzen der freien Meinungsäußerung kennen

    Sie genießen freie Meinungsäußerung. Das bedeutet, dass Sie auch bei der Ausübung Ihrer Funktion persönliche Meinungen äußern können, allerdings unter der Voraussetzung, eindeutig zu erkennen zu geben, dass es sich um Ihre eigene Meinung handelt. Im Gegenzug dürfen offizielle Erklärungen und Stellungnahmen mit Bezug zur Arbeit ausschließlich von Mitarbeitern abgegeben werden, die ausdrücklich dazu befugt sind. Ihr Recht auf Meinungsäußerung wird außerdem von der Pflicht eingeschränkt, vertrauliche Informationen nicht gegenüber Dritten offenzulegen.

    Konkret ist die Offenlegung der folgenden Informationen untersagt:

    • Informationen betreffend die nationale Sicherheit

    • Informationen betreffend den Schutz der öffentlichen Ordnung

    • Informationen betreffend die finanziellen Belange des öffentlichen Dienstes

    • Informationen betreffend die Prävention und die Ahndung von Straftaten

    • Informationen, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen

    • Informationen betreffend die Rechte und Freiheiten des Bürgers

    • Informationen betreffend den Schutz der Privatsphäre

    • Informationen betreffend die Vorbereitung laufender Beschlüsse

    Vorrang vor dieser Geheimhaltungspflicht haben die gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Bestimmungen, die Sie zur Offenlegung von Sachverhalten verpflichten.

     

  • Konkrete Beispiele

    „Ein ehemaliger Kollege war fest davon überzeugt, dass die freie Meinungsäußerung in unserem Land keine Grenzen hat. Das ist nicht richtig, denn es gibt durchaus Grenzen. Dies konnte er am eigenen Leib erfahren, nachdem er in den sozialen Medien eine antisemitische Nachricht veröffentlicht hatte. Er wurde dieses Delikts für schuldig erklärt und riskiert aufgrund seines Status als Bediensteter zudem eine Disziplinarstrafe.“  

    „Vor einigen Jahren wirkte ich an einem Projekt mit erheblichen Auswirkungen mit, von dem die Medien irgendwie Wind bekommen hatten. Plötzlich standen zwei Fernsehsender vor meiner Tür, denen ich unbedarft Rede und Antwort stand – ein Fehler, wie sich später herausstellen sollte. Aber das wird mir nicht noch einmal passieren: Jetzt verweise ich freundlich an einen offiziellen Sprecher.“  

    „Ich hatte eine Kollegin, die mit der Analyse von Finanzdaten betraut war. Sie war auch in der Lokalpolitik aktiv. Bei der Vorbereitung eines Dossiers vor einigen Jahren stieß sie auf Zahlen, die für ihre lokale Partei von Interesse waren. Sie übermittelte daraufhin die betreffenden Daten per Fax an einen lokalen Vertreter. Ihre Initiative ward jedoch nicht gern gesehen. Es steht ihr zwar frei, ein politisches Mandat zu übernehmen, aber sie muss dieses strikt von ihren Aufgaben als Staatsbedienstete trennen.“ 

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    5. Respekt unter Beweis stellen

    Verhalten Sie sich gegenüber den Personen, zu denen Sie Kontakt haben, stets respektvoll. Respektieren Sie die Ideen und Meinungen anderer, drücken Sie sich gewählt aus und bewahren Sie Ruhe. Verbale oder körperliche Gewalt wird in keiner Form geduldet, ebenso wenig wie moralische oder sexuelle Belästigung. Alle Kollegen und Bürger haben das Recht auf Schutz ihrer Privatsphäre. Gehen Sie daher bei der Erhebung, Verarbeitung, Konsultierung und Weitergabe personenbezogener Daten diskret vor und missbrauchen Sie dieses Privileg nicht.

     

  • Konkretes Beispiel

    „Die Leute verschaffen sich zunehmend Gehör. Hin und wieder kommt es vor, dass Kunden mir gegenüber ausfallend werden. Hinter dieser Aggression steckt häufig Unzufriedenheit. Im Rahmen von Schulungen unserer Organisation habe ich eine Sache gelernt: Bringt man in Erfahrung, wo der Schuh drückt, hat man durchaus die Möglichkeit, etwas  zu verbessern. Bei verbaler Aggression versuche ich, konsequent und dennoch freundlich zu bleiben und das Gespräch in eine konstruktive Richtung zu lenken. Wenn man zuhört und Verständnis zeigt, gelingt dies in der Regel auch. Natürlich melde ich Zwischenfälle dieser Art, und sollte es zu körperlicher Aggression kommen, rufe ich die Polizei.“ 

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    6. Würde und Wertschätzung zeigen

    Achten Sie darauf, Ihre Organisation würdig zu vertreten. Wenn Sie Führungskraft sind, behandeln Sie Ihre Mitarbeiter wertschätzend und fördern Sie den Dialog mit ihnen durch Schaffung eines Klimas des kontinuierlichen Feedbacks. Halten Sie nicht zu sehr an althergebrachten Vorgehensweisen fest, sondern richten Sie den Fokus auf Zukünftiges, auf die Entwicklungsmöglichkeiten Ihrer Mitarbeiter. Stellen Sie ein konstruktives Arbeitsklima sicher, vermeiden Sie Konflikte und führen Sie gegebenenfalls deren Lösung herbei. Widmen Sie Mitarbeitern mit Problemen jedweder Art zusätzliche Aufmerksamkeit und versuchen Sie, gemeinsam eine Lösung zu finden.

    Achten Sie als Führungskraft außerdem auf die Rechte und Pflichten Ihrer Mitarbeiter – Sie müssen imstande sein, Ihre Entscheidungen in Bezug auf Mitarbeiter zu untermauern und zu begründen. Schenken Sie Ihren Mitarbeitern das notwendige Vertrauen und zeigen Sie Ihnen gegenüber hinreichendes berufliches Interesse. Tragen Sie dem Recht auf Weiterentwicklung und dem Recht auf Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben Rechnung, die für alle Mitarbeiter der Föderalverwaltung gelten.

     

  • Konkretes Beispiel

    „Ich hatte schon immer ein bisschen Angst vor Feedback. Bei Bewertungsgesprächen fühlte sich das für mich so an, als ob jemand neben mir einen Ballon aufbläst, der jederzeit platzen kann. Ich saß stets wie auf Kohlen in der Erwartung negativen Feedbacks. Im Laufe der Jahre habe ich jedoch gelernt, dass es gar nicht unbedingt so ablaufen muss. Ein guter und offener Dialog mit dem Vorgesetzten ermöglicht es, alle Themen frei anzusprechen."

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    7. Zu einer sicheren und gesunden Arbeitsumgebung beitragen

    Achten Sie auf der Arbeit im Rahmen Ihrer Möglichkeiten auf die Sicherheit, Gesundheit und geistige Leistungsfähigkeit sowohl von sich selbst als auch von anderen. Folgen Sie auch den einschlägigen Richtlinien. Wenn Sie mitbekommen, dass ein Mitarbeiter Gefahr läuft, mental überlastet zu werden, sprechen Sie mit dem Betroffenen und mit Ihrem Vorgesetzten. Sind Sie Zeuge einer Arbeitssituation, die eine (potenzielle) Gefährdung für Gesundheit oder Sicherheit darstellt, informieren Sie unverzüglich Ihren Vorgesetzten. Halten Sie sich außerdem an das Rauch- und Drogenverbot am Arbeitsplatz. Alkoholkonsum am Arbeitsplatz ist nur unter besonderen Umständen und mit der ausdrücklichen Genehmigung Ihres Vorgesetzten gestattet.

     

  • Konkretes Beispiel

    „In den letzten Jahren hat sich ein neuer Trend abgezeichnet: Feiern kommen zunehmend ohne Alkohol aus. Das hat sich auch auf meiner Arbeit durchgesetzt: Anlässe wie Geburtstage, Hochzeiten, Geburten oder Ausstände werden nur noch ohne Alkohol gefeiert. Als Alternative trinken wir Mocktails – die sind nicht nur lecker, sondern auch gesund!“ 

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    8. Zugriff auf Dokumente gestatten

    Bittet Sie ein Bürger um die Bereitstellung von Verwaltungsdokumenten, können Sie davon ausgehen, dass diese Dokumente öffentlich sind und Sie der Bitte in den meisten Fällen nachkommen können. Beachten Sie jedoch, dass von Gesetzes wegen bestimmte Ausnahmen bestehen, nach denen Dokumente nicht veröffentlicht werden dürfen. Ferner haben Sie als Bediensteter das Recht, Ihre Personalakte einzusehen. Ihr Arbeitgeber muss den Zugriff auf die Akte ermöglichen.

     

  • 9. Gleichbehandlung sicherstellen

    Bei der Ausübung Ihrer Funktion gehen Sie niemals willkürlich oder parteiisch vor: Sie behandeln alle Menschen gleich. Sie tragen den Rechten, Pflichten und legitimen Interessen der betreffenden Personen oder Organisationen stets Rechnung. Ihre Zusammenarbeit mit Mitarbeitern anderer Organisationen ist geprägt von Unabhängigkeit, Offenheit, Ehrlichkeit und Dialog, mit dem Ziel, eine auf Vertrauen basierende Beziehung aufzubauen. Sie treffen klare Vereinbarungen und halten diese ein.

    Darüber hinaus respektieren Sie die Vielfalt und den kulturellen Hintergrund aller Kunden und Kollegen. Sie vermeiden jede Form von Diskriminierung, insbesondere aufgrund von Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, Abstammung, nationaler oder ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung, Familienstand, Geburt, Vermögen, Alter, religiöser oder philosophischer Überzeugung, Gesundheit, Behinderung, körperlichen Merkmalen usw. Ebenso ist es wichtig, mit Kunden auf ehrliche, objektive, klare und verständliche Weise zu sprechen und ihren Anliegen Gehör zu schenken.

     

  • Konkretes Beispiel

    „Nathalie ist meine neue Kollegin am Empfangsdienst der Organisation. Wir arbeiten seit etwas mehr als einem Monat zusammen und sie macht eine wirklich gute Arbeit. Vor einer Stunde habe ich erfahren, dass sie aus ‚organisatorischen‘ Gründen eine andere Aufgabe in der Organisation übernehmen soll, bei der kein direkter Kundenkontakt besteht. Nathalie hat bereits während des Auswahlverfahrens bemerkt, dass Ihre Hautkrankheit Anlass für Kommentare seitens der Jury bot. Ihre Motivation und Ihre Kompetenz konnten die Jurymitglieder zwar überzeugen, aber nun erfährt sie dennoch Ausgrenzung. Ich finde das absolut inakzeptabel und habe vor, den Sachverhalt zu melden.“ 

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    10. Neutralität bewahren

    10.1. Jeden (Verdacht von) Interessenkonflikten vermeiden

    Bei der Ausübung Ihrer Funktion müssen Sie Neutralität und Loyalität walten lassen. Insbesondere bedeutet dies, dass Sie alles daransetzen müssen, jeglichen Verdacht von Interessenkonflikten gar nicht erst aufkommen zu lassen. Von Interessenkonflikten ist die Rede, wenn ein persönliches Interesse die Unparteilichkeit und Objektivität der Arbeit beeinträchtigt. Bereits ein entsprechender Eindruck hat verhängnisvolle Folgen.

    Ihre persönlichen Interessen müssen daher stets mit der für die Ausübung Ihrer Funktion erforderlichen Unabhängigkeit vereinbar sein. Unter persönlichem Interesse versteht man jeglichen Vorteil für Sie oder Ihre Familie, für Ihre Eltern und Freunde, für Ihnen nahestehende Personen oder für Organisationen, mit denen Sie persönliche, geschäftliche oder politische Beziehungen unterhalten beziehungsweise unterhielten.

    Besteht Ihrer Einschätzung nach ein (möglicher) Interessenkonflikt, informieren Sie bitte unverzüglich Ihren Vorgesetzten. Als Vorgesetzter bestätigen Sie schriftlich, dass Sie über die Angelegenheit in Kenntnis gesetzt wurden, vous confirmez par écrit que vous en avez été informé  und leiten sofort alle Maßnahmen ein, die erforderlich sind, um den (verdächtigten) Interessenkonflikt auszuräumen und zu vermeiden, dass sich so etwas wiederholt. Außerdem haben Sie jederzeit die Möglichkeit, den Präsidenten des Direktionsausschusses oder seinen Stellvertreter schriftlich um eine Stellungnahme zu bitten. Sie erhalten innerhalb eines Monats eine Antwort.

     

  • Konkretes Beispiel

    „Im Vorfeld eines Auswahlgesprächs, bei dem ich in der Jury sitzen soll, habe ich zufällig erfahren, dass eine der Bewerbenden die Nichte meines Lebensgefährten ist. Es besteht also nicht nur eine familiäre Verbindung zur Bewerberin, sondern ich kenne sie auch sehr gut. Zum Glück konnte ich den Sachverhalt rechtzeitig melden und angeben, dass ich unter diesen Umständen nicht mehr geeignet bin, als Jurymitglied aufzutreten. Dadurch konnte ich jeglichen Verdacht der Unparteilichkeit im Keim ersticken.“

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    10.2.   Berufliche Unabhängigkeit bewahren

    Als Bediensteter müssen Sie alles daransetzen, Ihre berufliche Unabhängigkeit zu bewahren. Zur Gewährleistung dieser Unabhängigkeit dürfen Sie keine Spenden, Zuwendungen oder Vorteile für sich oder Dritte anfordern oder annehmen. Dies gilt während der Arbeitszeit, aber auch außerhalb der Arbeitszeit, sofern die Spenden, Zuwendungen oder Vorteile mit den Dienstleistungen in Verbindung stehen, die Sie gemeinsam mit Ihrer Organisation erbringen.

    Es handelt sich nicht nur um eine persönliche Bereicherung, die sich aus der Annahme der Spenden, Zuwendungen oder Vorteile ergibt, sondern vor allem auch um einen Verlust Ihrer Unabhängigkeit als Bediensteter, die eine wesentliche Voraussetzung für die ordnungsgemäße Ausübung Ihrer Funktion bildet. Der Austausch symbolischer Geschenke geringen Wertes zwischen Kollegen während der Arbeitszeit ist jedoch zulässig.

     

  • Konkretes Beispiel

    „In unserer Organisation läuft aktuell ein Projekt, das die gegenüber den Bürgern erbrachten Dienstleistungen verbessern soll. Chaimae nimmt dabei die Expertenrolle ein. Drei Unternehmen haben die Möglichkeit, ihr Projekt im Rahmen des Vergabeverfahrens vorzustellen. Zwei von ihnen tun dies in Belgien, wobei die Präsentationen jeweils einen Tag in Anspruch nehmen. Eines der Unternehmen lädt Chaimae ein, die kanadische Abteilung des Unternehmens auf Kosten des Unternehmens zu besuchen. Chaimae freut sich und bittet um Genehmigung der Dienstreise ins Ausland. Als Dienstleiter habe ich den höheren Führungskräften jedoch geraten, die Produktpräsentation auf einen Tag zu beschränken und sie online zu organisieren, falls die kanadische Abteilung tatsächlich einbezogen werden muss.“ 

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    10.3.   Unvereinbarkeit von Aktivitäten berücksichtigen

    Beachten Sie bitte, dass eine Teilnahme bzw. Mitwirkung an politischen oder philosophischen Aktivitäten nicht das Vertrauen des Kunden in die objektive und loyale Ausübung Ihrer Funktion beeinträchtigen darf. Jede Aktivität, die gegen die Würde Ihrer Funktion verstößt, die vollumfängliche Ausübung Ihrer Funktion beeinträchtigt oder die Erfüllung der Pflichten Ihrer Funktion verhindert, ist daher unvereinbar mit Ihrer Rolle als Bediensteter.

    Unterrichten Sie unverzüglich Ihren Vorgesetzten, wenn Sie sich für eine Beschäftigung im Privatsektor entscheiden, in deren Rahmen Sie berufliche Kontakte zu Ihrer aktuellen Beschäftigungsbehörde haben. Wenn Sie neben Ihrer Arbeit als Bediensteter weiteren einkommensbegründenden Tätigkeiten nachgehen möchten, dürfen Sie dies nur mit einer Erlaubnis für die gleichzeitige Ausübung von Berufstätigkeiten tun. Außerdem ist es nicht gestattet, ehemaligen Kollegen Vorteile zu gewähren, die mit der Funktion zusammenhängen, die sie vorher ausgeübt haben.

     

  • Konkrete Beispiele

    „Michel ist Mitglied einer Sekte, woraus er keinen Hehl macht. Aber als Vorgesetzter bemerke ich seit ein paar Wochen, dass Michel versucht, Mitarbeiter zu bekehren. Er hat zwar das Recht auf seine eigenen Überzeugungen, aber dass er aktiv versucht, Personen für seine Gemeinschaft zu gewinnen, geht meines Erachtens zu weit. Ich habe mit Michel darüber gesprochen und ihm klar zu verstehen gegeben, dass er damit aufhören muss. Glücklicherweise hat er die Botschaft verstanden, sodass er fast gar nicht mehr über die Sekte spricht.“  

    „Ich bin Rechtsberaterin in der Rechtsabteilung meiner Organisation. Samstag- und Sonntagmorgens verdiene ich mir etwas als Verkäuferin in einer Bäckerei dazu. Ich habe natürlich einen entsprechenden Antrag auf gleichzeitige Ausübung von Berufstätigkeiten gestellt. So ist alles für alle Beteiligten in Ordnung.“  

    „Nächsten Monat werde ich mich einer neuen beruflichen Herausforderung stellen: Ich fange als Fachanwalt für öffentliches Recht in einer renommierten Anwaltskanzlei an, die regelmäßig Mandate der Organisation übernimmt, für die ich aktuell noch tätig bin. Um Missverständnisse zu vermeiden, habe ich natürlich meinen aktuellen Arbeitgeber in Kenntnis gesetzt. Mit meinem neuen Arbeitgeber habe ich vereinbart, in den nächsten zwei Jahren keine Mandate für die Beschäftigungsbehörde zu übernehmen.“  

    „ Vor einigen Wochen hat mein Kollege seinen Arbeitsplatz zugunsten einer Tätigkeit im Privatsektor verlassen. Ich arbeite im Ökonomat und habe festgestellt, dass er nach wie vor eine Reihe von Zulagen bezieht. So wird das Abonnement für sein Diensthandy weiterhin bezahlt. Ich habe daher meinen ehemaligen Kollegen kontaktiert, um ihn darüber zu informieren, dass er sein Smartphone zurückgeben müsse und der für sein Abonnement ausgezahlte Betrag Gegenstand einer Rückforderung sein werde. Für ihn vielleicht schade, aber meine Integrität ist mir wichtig.“

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    11. Professionalität unter Beweis stellen

    11.1.   Rechenschaft über Rechtshandlungen ablegen

    Sie müssen alle Rechtshandlungen, die Sie vornehmen, angemessen rechtfertigen. Bei individuellen Rechtshandlungen muss die Begründung darüber hinaus in der Entscheidung selbst aufgeführt werden. Zudem müssen Sie die Verantwortung für jede durchgeführte Aufgabe übernehmen – dafür erhalten Sie die formellen Befugnisse und alle notwendigen Mittel.

     

  • Konkretes Beispiel

    „Vor Kurzem führte ich zusammen mit einem Kollegen eine Inspektion in einem Betrieb durch. Ich bemerkte, dass mein Kollege an diesem Tag nicht gerade bester Laune war. Insgesamt entsprach der Betrieb den Vorschriften. Eventuell wäre eine Verwarnung im Protokoll angemessen gewesen, aber mein Kollege meinte, dass ein Verstoß vorliege, für den der Betrieb ein Bußgeld bezahlen müsse. Ich bat meinen Kollegen um Erklärung, und in Absprache mit unserem Vorgesetzten konnten wir die Situation klären. Im Protokoll blieb es letztlich bei der Verwarnung, die wir auch klar begründet haben. Alle sahen ein, dass dies die einzig richtige Entscheidung war. Der Zwischenfall hat uns daran erinnert, dass wir objektiv arbeiten müssen und unsere Entscheidungen rechtfertigen können müssen.“ 

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    11.2.   Eine qualitativ hochwertige Dienstleistungserbringung sicherstellen

    Als Bediensteter müssen Sie politischen Entscheidungsträgern und Kunden die notwendigen Stellungnahmen und alle verfügbaren relevanten Informationen bereitstellen. Formulieren Sie Stellungnahmen und Berichte sorgfältig, vollständig und so konkret wie möglich. Führen Sie Ihre Aufträge und Aufgaben mit Blick auf die Erfüllung der Ziele Ihres Dienstes und Ihrer Organisation aus. Stellen Sie sicher, korrekte, pünktliche, effiziente und effektive Dienstleistungen zu erbringen. Bemühen Sie sich, ein hohes Maß an Qualität und die Zufriedenheit jedes Kunden zu erzielen.

     

  • 12 Sich und andere informieren

    12.1.   Einen Rahmen für die Erreichung von Zielen vorsehen

    Informieren Sie als Führungskraft Ihre Mitarbeiter regelmäßig über die umzusetzenden Maßnahmen und zu erledigenden Aufgaben sowie über die zu erreichenden Ziele. Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter auf offene und transparente Weise in die Verwaltung des Dienstes ein und statten Sie sie mit den erforderlichen Ressourcen, Befugnissen und Verantwortlichkeiten aus.

    12.2.   Der (persönlichen) Weiterentwicklung Aufmerksamkeit schenken

    Als Führungskraft müssen Sie zur Entwicklung der Kompetenzen Ihrer Mitarbeiter beitragen, indem Sie sie über neue Konzepte oder gesetzliche und regulatorische Änderungen in Kenntnis setzen. Außerdem stellen Sie Ihren Mitarbeitern alle notwendigen Lernressourcen zur Verfügung. Darüber hinaus haben Ihre Mitarbeiter Anspruch auf Informationen und Schulungen zu allen Aspekten ihrer Arbeit, um ihre Kompetenzen aufrechtzuerhalten und ihre berufliche Entwicklung voranzubringen. 

    Als Bediensteter frischen Sie zudem Ihre eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten in Ihrem Fachgebiet auf und stellen die Weiterentwicklung Ihrer beruflichen Kompetenzen sicher. Sie nehmen aktiv an Schulungen mit Bezug zu Ihrem Fachgebiet teil und stellen sicher, dass Ihre Kenntnisse nicht verloren gehen, insbesondere indem Sie sie proaktiv in und außerhalb Ihrer Organisation weitergeben. Auf diese Weise tragen Sie zu einer internen Kultur des Lernens bei.

     

  • Konkrete Beispiele

    „Auf Basis der verfügbaren Finanzressourcen entscheiden wir jedes Jahr im Team, wer welche Weiterbildungen machen kann. Darüber hinaus achte ich als Vorgesetzter darauf, dass meine Mitarbeiter ausreichend Zeit haben, um Berichte und Artikel zu lesen, die ihrem Fachgebiet entsprechen. Auf diese Weise halten wir die Kompetenzen aller Mitarbeiter auf dem neuesten Stand, denn das Wissen in den verschiedenen strategischen Bereichen, auf die sich unser Team konzentriert, entwickelt sich ständig weiter.“  

    „Auf Anfrage eines föderalen öffentlichen Dienstes halten wir Präsentationen zu den Produkten und Dienstleistungen unseres Teams. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Qualitätsmanagement, Integrität, Beschwerdemanagement, interne Kontrollsysteme und Managementverträge.“  

    „Einer meiner Mitarbeiter ist Mitglied im Integritätsnetzwerk der OECD und im Netwerk Integriteit der KU Leuven. So bleibt unser Dienst stets über die Entwicklungen und guten Praktiken in Sachen Integritätspolitik und Integritätsmanagement informiert.“ 

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    13. An die gesellschaftliche Verantwortung denken

    Berücksichtigen Sie die Auswirkungen Ihrer Entscheidungen und denken Sie an die kurz- und langfristigen Folgen für Mensch und Umwelt. Seien Sie sich der Tatsache bewusst, dass Sie mit öffentlichen Mitteln arbeiten, und verwalten Sie diese und die Ihnen bereitgestellten Einrichtungen und Dienstleistungen mit größter Sorgfalt und auf wirtschaftlich verantwortungsbewusste und nachhaltige Weise. Sollten Sie einen Verstoß gegen diesen Grundsatz feststellen, treffen Sie unverzüglich geeignete Maßnahmen und sorgen Sie dafür, dass sich so etwas nicht wiederholt. Darüber hinaus obliegt es Ihnen, sensible Vermögenswerte und Daten zu identifizieren und zu schützen.

    Sie nehmen außerdem an Initiativen der föderalen öffentlichen Organisationen teil, die auf eine stärkere Einbeziehung der Organisationen in die aktuellen Trends und Entwicklungen der Gesellschaft abzielen. Schließlich tragen Sie zu einer sicheren und gesunden Arbeitsumgebung bei.

     

  • Konkrete Beispiele

    „Wenn ich Feierabend mache, achte ich darauf, dass mein Computer und die anderen elektrischen Geräte nicht die ganze Nacht im Stand-by-Modus bleiben. Ein Punkt, der noch auf meiner To-do-Liste steht: weniger ausdrucken, und wenn ich etwas ausdrucke, dann wirtschaftlich durch beidseitigen Schwarz-Weiß-Druck. Kleine Maßnahmen wie diese können durchaus einen Unterschied für die Umwelt machen!“  

    „Seit Beginn der Coronavirus-Krise genießt Noah eine größere Autonomie bei der Ausführung seiner Aufgaben, da er seitdem regelmäßig im Homeoffice arbeitet und seine Arbeitszeiten zum großen Teil selbst festlegt. Er ist sich der hohen Verantwortung bewusst, denn das Homeoffice bietet viele Möglichkeiten zur Ablenkung – er muss also diszipliniert genug sein, um seine Arbeitszeit effizient zu nutzen. Denn: Auch die Arbeitszeit ist eine öffentliche Ressource, die ihm von seiner Organisation bereitgestellt wird.“ 

  • Der berufsethische Rahmen in der Praxis

    Die höchste Führungskraft einer föderalen öffentlichen Organisation hat sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter über die vorliegenden Verhaltensregeln in Kenntnis gesetzt werden. Sie trägt Sorge, dass die Mitarbeiter stets auf Grundlage der vorliegenden Regeln handeln und diese so strukturell in die Arbeitsprozesse der Organisation verankern. Verstoßen Mitarbeiter gegen die Verhaltensregeln, ergreift die höchste Führungskraft unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen, damit sich so etwas in Zukunft nicht wiederholt.

     Der FÖD Politik und Unterstützung (BOSA) bietet Werkzeuge an, mit deren Hilfe die höchste Führungskraft über den vorliegenden berufsethischen Rahmen informieren kann. Der FÖD BOSA übernimmt in Zusammenarbeit mit den föderalen öffentlichen Organisationen außerdem die transversale Kommunikation und die einschlägigen Schulungen.

    Darüber hinaus können sich föderale öffentliche Organisationen auch an den FÖD BOSA wenden, wenn sie die Verhaltensregeln des vorliegenden berufsethischen Rahmens auf der Ebene der Organisation, eines Teils der Organisation oder der für Integritätsverletzungen anfälligen Funktionen klären und umsetzen wollen.

    Jeder föderale Bedienstete muss den vorliegenden berufsethischen Rahmen in der jeweils aktuellen Fassung kennen und seine Handlungen an den Verhaltensregeln ausrichten. Bedienstete, die Fragen zu den vorliegenden Verhaltensregeln haben, können den FÖD BOSA unter der E-Mail-Adresse integriteit-integrite@bosa.fgov.be kontaktieren. Eine Antwort erfolgt innerhalb von 30 Tagen nach Eingang einer entsprechenden Anfrage. Alle Anfragen werden vertraulich und diskret behandelt. Unter Umständen verwendet der FÖD BOSA anonymisierte Antworten für die transversale Kommunikation und im Rahmen von Schulungen zu vorliegendem berufsethischen Rahmen.

    Der vorliegende berufsethische Rahmen wird unter der Aufsicht der für den öffentlichen Dienst und den Haushalt zuständigen Regierungsmitglieder veröffentlicht.

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